Sind Hausbesitzer künftig gezwungen, ihr Eigentum zu renovieren? Damit die EU bis 2050 klimaneutral wird, sieht ein aktuelles Vorhaben vor, dass besonders ineffiziente Gebäude saniert werden müssen. Das müssen Hausbesitzer nun wissen.
Strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden: Das EU-Parlament hat die Zwangssanierung beschlossen. Demnach sollen Wohngebäude bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse E und bis 2033 die Energieeffizienzklasse D erreichen. Ähnlich wie bei Haushaltsgeräten soll die Energieeffizienz auf einer Skala von A bis G angegeben werden. Gebäude mit einer schlechteren Klasse müssen nach den Plänen saniert werden. Hausbesitzern drohen extreme Kosten. Obwohl das EU-Parlament mit großer Mehrheit für die Zwangssanierung stimmte, ist die Kritik enorm.
EU-Parlament beschließt Zwangssanierung von Wohngebäuden - Experten warnen vor Kosten-Explosion
Es steht die Befürchtung imRaum, dass etwa hohe Sanierungskosten auf viele Hausbesitzer zukommen könnten. "Wir können die Kosten im Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen", kritisiert etwa der CDU-Europaabgeordnete DennisRadtke. Die Grünen-Parlamentarierin Jutta Paulus sagt hingegen, Ziel sei es, den Energieverbrauch von Gebäuden deutlich zu senken und so den Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schonen. Der Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, Kai Warnecke, warnt vor einem dramatischen Wertverlust gerade bei älteren Gebäuden. Die EU-Kommission betont hingegen, dass sich Renovierungen etwa durch weniger Energieverbrauch auf lange Sicht auszahlten.
Wie viele Gebäude müssten in der EU saniert werden?
Angaben der EU-Kommission zufolge wären bei einer Renovierung von Stufe G auf F etwa 30 Millionen Gebäudeteile, dazu zählen etwa Wohnungen, in der EU betroffen. Bei den in Klasse G eingestuften Gebäuden handelt es sich den Angaben zufolge um die 15 Prozent der Gebäude eines Landes, die am ineffizientesten sind. In Deutschland wird die Energieeffizienzklasse noch auf einer Skala bis H angegeben. Deswegen und weil sich an den konkreten Plänen auch noch Aspekte ändern können, betont Haus & Grund, dass man den Umfang nur schätzen könne. Demnach könnten in Deutschland mehr als sieben Millionen Eigenheime betroffen sein, hinzu kämen rund 7,2 Millionen Wohnungen.
Wie teuer werden die Sanierungen für Hausbesitzer?
Die Kosten für eine Sanierung hängt vom konkreten Einzelfall ab. Jakob Grimm, Referent bei Haus & Grund, rechnet auf Grundlage der neuen Regeln zunächst eher mit Einzelmaßnahmen. Das könnten bessere Fenster, neuere Heizungen oder eine bessere Dämmung sein. Für die Sanierungen soll aber auch Geld aus EU-Töpfen bereitgestellt werden. Ende 2021 hieß es vonseiten der Kommission, dass bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stünden. Das Parlament spricht sich auch dafür aus, dass die EU-Staaten den Zugang zu Zuschüssen und Finanzierungen erleichtern sollten.
Für diese Gebäude gilt die Zwangssanierung nicht
Der im Europaparlament für das Vorhaben federführend zuständige Grünen-Abgeordnete Ciarán Cuffe betonte am Dienstag, dass dies vorgesehen sei. Als Beispiele nannte er kleine Gebäude unter 50 Quadratmetern, religiöse oder denkmalgeschützte Gebäude und solche, die nur vorübergehend genutzt werden, wie zum Beispiel Ferienhäuser. Einer Mitteilung des Parlaments zufolge könnten die EU-Staaten aber auch selbst weitere Ausnahmen erlauben, "je nachdem, ob die Renovierungen wirtschaftlich und technisch durchführbar und qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar sind".
Geldstrafe möglich! Was passiert bei Verstoß gegen Zwangssanierung?
Das steht noch nicht fest. Cuffe betonte, dass die EU-Staaten dafür verantwortlich seien, mögliche Strafen festzulegen. Generell gilt, dass die EU-Kommission gegen ein Land, das gegen EU-Recht verstößt, ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen den entsprechenden Staat einleitet und der EuGH am Ende eine Geldstrafe verhängen könnte.
Nach Abstimmung des EU-Parlaments! EU-Mitglieder müssen Kompromiss finden
Das Vorhaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Sie hatte diesen vorgelegt, etwa weil Gebäude ihren Angaben zufolge für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind. Wenn Häuser besser gedämmt sind oder moderne Heizungen verwendet werden, kann das den Energiebedarf senken.
Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets "Fit for 55", mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Zudem sollen Bewohnerinnen und Bewohner durch geringeren Verbrauch vor sprunghaften Kosten durch Energiepreise geschützt werden.
Mit der Abstimmung im EU-Parlament sind die Pläne noch nicht beschlossen. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen noch einen Kompromiss finden, bevor die Vorgaben in Kraft treten können. Diese Verhandlungen ziehen sich in der Regel mindestens über mehrere Monate. Cuffe hofft jedoch, noch bis Mitte des Jahres einen Kompromiss zu finden. Änderungen an dem Vorhaben sind weiterhin möglich.
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bua/bos/news.de/dpa